Surfen in Ericeira perfekte Wellen

Deutsche Big Wave Surferin: Lena Kemna

Interviews

Die Bremerin Lena Kemna lebt den Expat Traum. Zusammen mit ihrem Hund lebt sie ein bescheidenes Leben im Küstenort Ericeira. Wenn sie mal nicht surfen, freediven oder anderweitig in der Natur unterwegs ist arbeitet sie an der Uni im Bereich Marketing und strebt einen Doktortitel an. Aber hört selbst, was die 27-jährige zu sagen hat…

Hi, klar, gerne. Ich bin Lena Kemna, 27 Jahre alt, bin in Bremen geboren und aufgewachsen. Mit dem Surfen habe ich vor etwa 7 Jahren angefangen, war dann ziemlich direkt gehooked und habe dann ziemlich schnell mein ganzes Leben darauf ausgerichtet. Jetzt lebe ich seit 6 Jahren in Portugal, hauptsächlich wegen den Winterswells. Tatsächlich habe ich aber quasi noch ein zweites Leben.

Und zwar arbeite ich im Bereich Marketing, früher viel Consulting, Copy Writing und sowas, habe dann aber auf die akademische Laufbahn gewechselt und arbeite seit 5 Jahren als Assistenz für eine Professorin hier und mache auch meinen Doktor. Das läuft alles ganz gut, zum Glück, ich kann aber ehrlich sagen, dass das eine reine Vernunftsentscheidung ist, irgendwovon muss man halt leben. Ich habe auch keine finanziellen Sponsoren. Und klar, so Instagram mache ich nebenbei auch.

Ich weiß nicht, ob es wirklich das surfen ist. Ich glaube es geht für mich mehr um Abenteuer in der Natur. Freediven mache ich auch total gerne, und wandern auch, und wer weiß, was anderes hätte mich auch faszinieren können. Aber genau das finde ich durch surfen, die extremen Momente, draußen auf dem Meer, bei Sturm, vor Sonnenaufgang schon draußen zu sein, die Angst und die Freiheit. Es ist ja eigentlich total sinnfrei, aber fühlt sich ganz anders an, sinnhaft. Natürlich auch nicht bei jeder Session, aber wenn so ein Moment da ist, dann weiß ich einfach, dass es genau das ist, was ich mit meinem Leben machen möchte.

Ich bin direkt nach dem Abi weg, zum Studieren in die Niederlande. Ich wusste damals nicht wirklich was ich machen will, und Schule und Studieren ist einfach was, was mir schon immer recht einfach gefallen ist und das habe ich dann erstmal gemacht. Und aus Deutschland bin ich weg, weil ich die Möglichkeit hatte und was aufregendes machen wollte. Da habe ich Liberal Arts & Sciences studiert, super cooles Programm und ich profitiere bis heute davon. Aber so richtig glücklich war ich dort nicht, mir fehlte die Natur und ich hab mich nie so richtig am richtigen Ort gefühlt. Im Nachhinein hätte ich vielleicht erstmal reisen oder arbeiten sollen, und surfen früher schon entdecken sollen. Aber dann hätte ich es vielleicht jetzt schwerer.

Ganz ehrlich, so Tag für Tag ist mein Leben super schön, aber auch sehr simpel. Ich surfe schon viel, fast jeden Tag, und gehe dann nachmittags nochmal lange mit meinem Hund spazieren. Die habe ich vor 2 Jahren schwanger am Strand gefunden, und seitdem ist sie quasi immer mit dabei.

Aber ansonsten sitze ich viel im Jogginganzug zu Hause am Arbeiten, hab so meine ganz simple Routine hier. Ich lebe halt auch total auf dem Dorf, was super schön ist aber auch sehr bescheiden. Dann gehe ich mal Kaffee trinken mit einer Freundin, koche zu Hause, und liege abends ziemlich früh im Bett.

Der genaue Ablauf hängt davon ab, wie die Wellen sind. Ich arbeite lieber Samstag Abend und gehe dafür surfen wann immer es gut ist. Und wenn die Wellen länger mal nicht so gut sind plane ich andere Sachen, wie Wanderungen oder Tauchen. Das brauche ich total, sonst fühle ich mich unausgeglichen, die Gedanken werden dunkler und alles scheint keinen Sinn mehr zu machen. Darum sind meine kleinen Abenteuer, meistens eben im Meer, die Priorität.

Tatsächlich bin ich ja gar nicht Big Wave Surfer. Also ich surfe zwar gerne größere Wellen, aber zum Beispiel Nazaré zu surfen (also großes Nazaré) liegt noch weit in der Zukunft. Desto mehr ich größere Wellen surfe, desto mehr verstehe ich wie viele Schritte dazwischen liegen.

Aber mal abgesehen davon, ja, ich liebe und lebe für größere Wellen. Keine Ahnung warum. Das frage ich mich manchmal auch selber wenn ich da draußen sitze. Aber nach der Session, auch wenn ich keine Welle bekommen habe, weiß ich genau, das ist es. Und das war es ziemlich von Anfang an, was eine große Welle ist, ist ja total subjectiv, aber das Gefühl sich zu überwinden, da draußen zu sein und den Drop zu machen, das ist quasi gleich geblieben. Nur die Wellen werden langsam größer.

Nein. Ich bin tatsächlich total der vorsichtige Surfer, viel vorsichtiger als die meisten Surfer, die ich kenne. Darum mache ich alles Schritt für Schritt. Ich habe mich über die letzten Jahre so ein bisschen auftrainiert, meine Muskeln, Lunge und auch den Mind, und das mache ich auch weiterhin. Zusammen mit Spots studieren, und wichtiger als alles andere, einfach viel im Wasser zu sein.

Ich kann mir gut vorstellen, dass ich dieses Jahr mal Tow-in an kleineren Tagen in Nazaré mache, an größeren Tagen meine Limits mehr pushe, und meine Technik über den Sommer in kleinen Wellen verbessere. Und durch freediven, und auch an Land durch Apnea, und auch sonst allgemein zu trainieren. Also quasi alles so wie jetzt auch, nur halt Schritt für Schritt weiter :)

Leider in Europa gibt es ganz wenige und in Portugal noch weniger. Das ändert sich langsam, wovon ich auch Teil bin, aber doch sehr langsam. An den Tagen wo ich mein persönliches Level pushe, bin ich leider fast immer die einzige Frau draußen. Und das ist ja noch nichtmal „richtig groß“. Ich wünsche mir so eine kleine Community, wie ich das in Hawaii sehe. Und ich glaube das wird auch passieren.

Allgemein bin ich hier beim Surfen denke ich schon respektiert, und tatsächlich ist Instagram ein wichtiger Teil davon, weil ich da einfach zeigen kann was ich mache. Natürlich habe und hatte ich auch viele Probleme über die letzten Jahre, wo ich jetzt gar nicht so genau drauf eingehen mag, einfach weil ich da ständig zu gefragt werde :D

Aber größere Wellen zu surfen, ständig im Wasser zu sein, zeigen, dass man viel Energie und Fokus investiert, das hat viel geholfen. Und natürlich ist es mittlerweile auch schwierig geworden, einem 1,65m Mädchen dumm zu kommen die gerade aus dem Meer kommt, wenn man sich selbst nicht rein traut ; )

Ich hab viele, Männer und Frauen, da unterscheide ich nicht. Keala Kennelly ist cool, aber ich mag auch so retro surfer voll gerne. Ich persönlich finde es gibt nichts schöneres als wenn jemand so longboard-style oder mit einem singlefin in riesigen Wellen surft.

Ja, klar. Ich würde weiterhin meine Basis hier haben, ich lebe gerne hier. Aber wenn ich nicht arbeiten müsste so wie jetzt, würde ich es nicht. Zumindest nicht in der Form und Intensität.

Ich glaube einfach machen. Also klar, Schritt für Schritt, gut überlegt, vorbereitet, etc., aber am Ende muss man das machen, was einem Spaß macht, wobei man sich lebendig fühlt. Egal ob das Surfen oder was anderes ist.

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