Who gives a sh** about Shortboards?

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Alternative Shapes, warum wir stoked über den Hype sind und was wir von ihm lernen können.

Wir befinden uns inmitten einer Shortboard-Krise! Yaaay ;)  Ein Teil der Surfszene hat das Interesse an dem klassischen Performance-Thruster verloren.  

Was wollen wir unter den Füßen haben? Midlengths, Twinnies, vielleicht sogar Single Fin Log´s? Alles nur kein Thruster!  

Der Surfboard-Markt reagiert auf die hohe Nachfrage an alternativen Shapes. Surfer wie Mikey February, Torren Martyn, Ryan Burch und Co., machen uns heiß auf eine andere Art des Surfens. Surfen mit neuen und unerwartet spaßigen Lines und natürlich, anderem, vielleicht sogar besseren Style? Weniger Paddelstress und kein ewiges entlang pumpen durch die flache Section. Im Grunde einfach weniger Arbeit. Wer hat da keinen Bock drauf?! 

Longboard, Single Fin

Ich habe mich, passend zu diesem Thema, mit dem Kopf hinter der Münchner Surfboard-Schmiede, Mightyotter Surfboards getroffen, Christian Bach

Mightyotter Surfboards sind nicht nur am Münchner Eisbach und Rapid Waves zu finden, sondern auch am Meer. Neben ein paar Schlitzern (Shortboards), finden sich auch einige Twin Fins, Single Fins und andere weniger Performance Shapes in ihrem Sortiment. Let’s nerd out.

Mightyotter Surfboards. Single Fin, Twin Fin

Hey Christian, was geht, wo treibst du dich gerade rum?  

Ich bin gerade in München, ganz brav im Büro und arbeite an diversen Dingen, unter anderem an neuen Finnen. Am Wochenende treibe ich mich meistens in den Bergen herum, weils am Eisbach einfach zu voll ist … Wenn mal weniger los ist, findest du mich da ;).  

Ey, die Eisbach struggles, wer kennt sie nicht …  

Was meinst du, warum wollen wir jetzt alle alternative Shapes surfen? Werden wir nur vom Markt und Instagram ausgetrickst oder gibt es noch andere Gründe, warum die Nachfrage an Twin Fins, Midlengths und Co. so groß ist? 

Ich denke, bei Alternativen Shapes ist es einfach super, dass die für die meisten Menschen, den average Surfer, so wie wir, noch ausreichend Performance darstellen. Linien, die auf einem Shortboard nicht möglich wären, sind mit solchen Boards, für uns mehr erreichbar. Twin Fins, Single Fins usw. können allgemein mit einem Ticken mehr Volumen und Paddelfreundlichkeit gesurft werden. Ich denke, das macht die so wertvoll und beliebt. 

Aus persönlicher Sicht denke ich, dass ein klassisches Performance Shortboard genau eine Art hat, wie es gesurft werden kann. Und das ist halt über ein sehr aktives, permanentes Tracking entlang der Welle. Also du schälst immer etwas runter vom Wasser und pushst, pushst, pushst und haust dann halt einen Turn rein. Alternative Shapes oder einfach Boards, die es erlauben, über Planing gesurft zu werden, Planing bedeutet, dass das Brett wie ein Snowboard über die Welle gleitet, bieten im Grunde ein ganz anderes Gefühl des Surfens. Diesen Glide, der durch solche Boards generiert werden kann, auszunutzen, um dann aufs Rail zu gehen und wirklich zu carven und nicht so viel über push, push, push, bam, Manöver für, letztendlich Punkte oder für Judges oder was weiß ich was zu machen. ;) 

Ich snowboarde halt auch sau gerne, bestimmt ein Grund, warum ich diese Art der Surfboards so gerne designe und selbst surfe.  

Zum Thema Instagram, ich glaube, wenn man das einmal selber gefühlt oder gesehen hat, wie jemand diese Art des Surfens fühlt, diesen Glide, dann will man das einfach mal selbst erleben. Nachvollziehbar, oder? Das ist ja nun mal das Geile am Surfen der alternativen Shapes. Also verständlich, dass der Hype da ist! 

Macht Sinn. Ich glaube, ich habe (zu) viel Zeit in meinem Leben mit Tracking verbracht, haha. Nicht jede Session ist gemacht fürs Shortboarden.  

Was meinst du, hat das Surfen von weniger „Less-Performance“ Surfboards einen Einfluss auf die Stimmung im Wasser? Sind wir netter zueinander, wenn wir auf Boards mit mehr Volumen unterwegs sind?  

Ich habe leider nicht das Gefühl, dass wir netter zueinander sind, nur weil wir andere Shapes surfen. Ich glaube, es ist immer noch so, dass jeder immer die geilste Welle haben will, da ist der Typus von Shape eigentlich total wurscht.   

Ich habe die Hoffnung auf Smiles im Wasser noch nicht aufgegeben. Tatsächlich habe ich, seitdem ich weniger Performance-Surfboards surfe, einige positive Erfahrungen gemacht. Ein kleiner Smalltalk über Boards ist da schon fast an der Tagesordnung, a la „what type of board are you surfing there?“ ist immer ein guter Opener für eine entspanntere Session.   
Britt Merrick von Channel Islands, der vielleicht berühmteste Shaper, heutzutage, behauptet selbst, obwohl er, on mass, alternative Boards produziert, dass sie keine Zukunft haben. Nach Britt würden wir alle irgendwann zum Thruster zurückwollen. 

Teilst du seine Meinung? 

Ich kenne das Interview mit Britt, und ich muss ihm widersprechen. Ich denke mal, dass er findet, dass das Thruster als One Board-Quiver das Beste ist. Das mag schon sein, ist halt aber auch eine persönliche Frage. Wie will man surfen? Ich sehe das wirklich schmerzfrei. Man muss ja auch sehen, dass Channel Islands eine Performance Surfboards-Geschichte hat, High Performance Thruster, das ist ewig ihr Ding gewesen. In der Zeit, wo Carry da war, sind die damit groß geworden und Brit Merrick halt auch. 

Deswegen teile ich seine Meinung nicht. Ich habe aber auch nichts gegen sie. Surfbretter sind etwas Persönliches. Was willst du da jetzt sagen? 

 

 

Bei alternativen Brettern und vielleicht sogar weirden Shapes musste ich, neben Christian, direkt an Jasper denken. Jasper (Schmidt) ist meistens ausschließlich auf Non-Performance Boards unterwegs. Um noch ein wenig weiter in die Welt dieser Boards einzutauchen, habe ich auch ihm noch ein paar Nerd-Fragen gestellt.  

Hey Japser, du bist ein waschechter alternativer Board Surfer. Als ich dich das erste Mal im Wasser gesehen hab, vor ca. 8 Jahren, warst du auf einem relativ seltsamen Twin Fin unterwegs. Das war damals für mich komplett verwirrend, haha …  

Was surfst du heutzutage?  

Moinsn Lukas! Kläre mich bitte auf über das merkwürdige Twin Fin, denn abgespacete Bretter und vor allem Twinnies hatte ich echt einige. Soll ich jetzt meinen derzeitigen Quiver aufzählen? Na gut:  

Die „Normalsten“ Bretter sind vermutlich das „in the pink“ Longboard von Takayama in 9’3. Als zweites, halbwegs normales Brett gehe ich mal in die entgegengesetzte Richtung mit meinem einzigen Shortboard von Phil Grace. Das ist 6’1 und sieht von der Nose aus wie ein Shortboard aus den 90ern, wird dann aber sehr bauchig im oberen Bereich und nach hinten wieder schmal, mit einem relativ spitzen swallow tail. Hab das Brett auch immer noch nicht kapiert. Hahaha. Aber irgendwie triggert mich genau das an alternativen Boards oder eben merkwürdigen Shapes. Wie und in welcher Welle lässt sich ein entsprechendes Brett gut surfen? 
Zurück zum Quiver, da wäre noch ein 6’6 Single Fin was eine Outline wie die alten Lightning Bolt Surfbretter hat. Man steht da eher drauf wie der Silver Surfer. Hahaha. Es ist perfekt in mittelgroßen bis großen Point Breaks. Beziehungsweise in recht cleanen Wellen. Ein 6’3er mit 2 und 1 Finnenanordnung gibt es auch noch. Das ist mein erstes Custom vom südafrikanischen Shaper Fletcher Evans. Enorm lustiger und talentierter Mann. Als wir über das Brett philosophierten wurde er tatsächlich zum Kind, hat gestrahlt und geleuchtet während er beim „mindsurfen“ mit meinem, noch nicht existierenden Brett, durch Fantasie-Wellen glitt.  Meistens surfe ich es als Singlefin und nur bei steilen Wellen mit den Side Bites. Es ist tatsächlich sehr vielseitig einsetzbar und ich surfe es fast so gerne und in ähnlichen Wellen wie mein Custom- 5’10 Fish.  

Jasper, sorry, kurze Unterbrechung. Ich weiß, du blühst gerade auf, aber lass uns auf dein „Go To“ Board zu sprechen kommen. Welches Brett würdest du auf eine einsame Insel mitnehmen?  

Na gut, haha.  

Der Fish ist mein „Go To“ Board, welches am häufigsten im Wasser toben darf. Dieser wunderschöne „piece of foam“ kommt aus der Schmiede von Uwe Kluba in Portugal. Er wollte mir zunächst einen kleineren Fish bauen, als er aber verstand, warum ich ihn etwas größer haben wollte, sagte er nur „ok, dafür machen wir es deutlich dünner, mit sehr scharfen Rails!“ Mir ist das Wasser im Mund zusammengelaufen … 

Twin Fin Surfboard

 

Hört sich ziemlich gut an.  

Wie ist das bei dir, stehst du morgens auf und musst erstmal überlegen, welches Board du surfst, oder ist die Nummer für dich klar?  

Jein. Ich schaue mir den Forecast an, am liebsten sehe ich das Meer natürlich selbst oder ich gehe mit dem, was mir Freunde sagen, die gerade zurückkommen. Danach wähle ich dann ein entsprechend passendes Brett. Manchmal nehme ich auch 2 verschiedene mit an den Strand, wenn ich unentschlossen bin. Dasselbe gilt übrigens für die Finnen-Wahl. Was für mich auch das Interesse von Alternativen Shapes ausmacht. Dieses muss nicht unbedingt mehr Volumen haben als ein progressives Shortboard, teilweise sogar weniger. Es geht mir absolut nicht darum, auf Biegen und Brechen als cooler Hipster durchzugehen. Eher im Gegenteil. No offence. Ich mag es, angepasst an die Wellensituation, das richtige Brett unterm Arm und dann auch unter den Füßen zu haben.  

Quasi ein pragmatischer Ansatz. Ja, es hat nämlich nicht alles mit Style zu tun. Klar, das ist Teil vom Surfen, aber Boards haben halt unterschiedliche Stärken und Einsatzmöglichkeiten.  

Im Laufe meiner Surf-Historie hatte ich mehr oder weniger einen Augen öffnenden Moment, als ich, gute Wellen, auf einem Twin Fin gesurft bin. Warum Augen öffnend? Paddeln, Speed, Lines, alles hat sich anders, leichter angefühlt. Ich surfe seitdem zu 70 % Twin Fins. Wenns wirklich ballert, dann gerne Thruster, ansonsten „Team-Twinnie“. 

Hattest du auch so einen spezifischen Moment? Vielleicht, wo du das erste Mal vom Shortboard auf ein Board mit mehr Volumen umgestiegen bist?  

Es war auf jeden Fall ein Prozess. Mit 15 Jahren habe ich mich bei meinem ersten Surfurlaub, durch den Sommer auf einem kleinen Grom-Shortboard gequält. Mit 16 bin ich das erste Mal nach Portugal und habe mir ein Funshape Surfbrett gekauft. Es war zwischen 7’0 und 7’2 glaube ich. Das war ein krasser Game-Changer und hat mir die Augen geöffnet! Hauptsächlich hat es mir klargemacht, wo meine Schuster-Leisten sind. Leider hielt die Erkenntnis nicht allzu lang, denn die Jahre darauf bin ich leider doch immer wieder auf Shortboards gelandet. Irgendwann habe ich Malibus und Longboards in den Surfcamps und Schulen ausprobiert, wo ich gearbeitet habe. Nach der BIC "Revolution" gab es nämlich noch die NSP und Southpoint "Revolution". Alle, die sich dran erinnern können, haben jetzt direkt Fantomschmerzen am ganzen Körper. Sorry ...  

Bin sehr froh über die wirkliche Softtop-Revolution! 

Longboard Single Fin

 

Hast du einen Ratschlag für uns Average Surfer, was die Boardwahl angeht? 

Mein Tipp sieht so aus, dass ich wiedergebe, wie ich gerne alternative Bretter suchte und fand.  

Ich habe früher selten nach einem speziellen Brett Ausschau gehalten. Viel lieber bin ich spontan und zufällig in Surfshops, die auch 2nd hand boards führten, mit der Erwartungshaltung eines Flohmarkt-Besuchers. Rum gucken, alles anfassen, selten was kaufen und wenn, dann irgendwas, das man nicht wirklich braucht. Bei mir gab es 2 ausschlaggebende Kriterien. Zum einen der Preis, zum anderen die Verspultheit vom Shape. Irgendwie musste das Verhältnis stimmen. Ein weirdo Board, was meine Aufmerksamkeit erhaschte, war entweder absurd billig und ich musste einfach herausfinden, ob oder in welcher Welle dieses Stück Schaum funktionieren kann. Die andere Möglichkeit war, das Ausnahme-Brett hat mich vom Shape so sehr im "mindsurfing" mitgenommen, dass es etwas teurer sein konnte, dafür aber auch im guten Zustand sein musste. 
Beim Wellenreiten herauszufinden, wie ein Board funktioniert oder eben nicht, ist für mich das höchste der Gefühle in der Blase des aktiven Surfens. Immer wieder einen neuen Style zu entdecken und zu verstehen, wie man noch durch die Wellen gleiten kann, lässt mich aufblühen wie bei meiner allerersten Surferfahrung. 
Es hält mich jung, bewahrt meine offene Sichtweise, belebt meine Liebe zu diesem unbeschreiblichen Lebensstil und vor allem macht es mir klar, wie wichtig Vielseitigkeit ist! 
Der komplette letzte Satz bezieht sich übrigens nicht nur aufs Wellenreiten. Für diejenigen, die es nicht selbst herauslesen konnten. :-) 

Alternative Surfboards als Metapher für eine neutrale Sichtweise und einen offenen Weg durchs Leben zu gehen. Interessanter Gedanke. Ich meine, eine Offenheit gegenüber neuen und unbekannten Wegen ist aufregend und kann einem die Augen öffnen. Weirde Surfboards, quasi als Werkzeug, um sich in Ungewissheit zu üben. Gefällt mir Jasper!  

Twin Fin Surfen

In diesem Sinne. Lasst uns weiterhin die Möglichkeiten aller Surfboards erforschen. Das hier ist kein Rant gegen Shortboards, es ist vielmehr ein Beitrag für den Standpunkt des Ungewissen. Ganz nach Jasper, unterschiedliche Surfboards als philosophischer Gedanke. 

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